Seit dem 15. Februar bin ich wieder in der Privatwirtschaft tätig. Nein, ich habe meine Stelle als auf Lebenszeit verbeamteter Lehrer nicht aufgegeben! Durch Zufall wurde ich jedoch auf ein französisches Softwareunternehmen aufmerksam, das einen Deutschlehrer für seine französischen Ingenieure suchte. Da ich mich als frankophil betrachte und auch gerne mal wieder in die Privatwirtschaft hinein schnuppern wollte, bewarb ich mich um die Stelle und erhielt sie.
Es ist natürlich nur ein Minijob. Mehr kann ich neben meinem Hauptberuf nicht leisten. Die Arbeit wird jedoch sehr gut vergütet und polstert mein Rentenkonto bei der Deutschen Rentenversicherung ein wenig auf – pro im Minijob gearbeitetem Jahr rund 2 Euro mehr Rente.
Die Arbeit bereitet mir große Freude und gibt mir einige Impulse für den Unterricht an meiner Schule. Die Kollegen und der Chef sind sehr nett. Es ist für alle Beteiligte eine Win-win-Situation.
Zweimal pro Woche lege ich auf meinem Weg zur Schule in Friedberg einen Zwischenstopp ein, unterrichte 1 1/2 Stunden Deutsch, und fahre dann weiter zur Schule in Frankfurt.
Die Kollegen habe ich in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe besteht aus Anfängern, die im Grunde zu Beginn kaum oder kein Deutsch können. In diese Gruppe integriere ich fortlaufend die Kollegen, die frisch aus Frankreich kommen. Dabei finde ich es bemerkenswert, wie ausgezeichnet die Kollegen sich unterstützen und wie rasch sie lernen. Ihre Lernbereitschaft ist sehr groß. Sie wollen unbedingt Deutsch lernen. Die Unterrichtssprache ist derzeit noch Englisch, wobei mir gelegentlich auch mein Französisch etwas weiter hilft. Tendenziell nimmt jedoch der englische Anteil immer mehr ab und der deutsche Anteil immer mehr zu.
Die andere Gruppe besteht aus Fortgeschrittenen. Diese Kollegen hatten Deutsch bereits während ihrer Schulzeit, oder haben sich autodidaktisch (!!!) Deutsch beigebracht. Die Unterrichtssprache ist Deutsch. Wir lesen Zeitungsartikel, Kurzgeschichten und Ganzschriften, diskutieren Gelesenes usw.
Bemerkenswert: Obwohl ich als freiwillig in der Gesetzlichen Krankenversicherung Versicherter dort bereits den Maximalbetrag von monatlich 610,50 Euro + 48 Euro für die Pflegeversicherung zahle, muss mein Arbeitgeber für den Minijob zusätzliche Beiträge zur Krankenversicherung zahlen.
Meine beiden Großväter kämpften im letzten Weltkrieg gegen Frankreich und waren auch dort Besatzungssoldaten. Einer von beiden marschierte auch im Ersten Weltkrieg gegen Frankreich. Zwei seiner Brüder waren im Kampf gegen Frankreich gefallen. Gott sei Dank sind diese Zeiten vorbei. Ich darf für den einstigen „Erbfeind„ friedlich arbeiten. Ich bin mir sicher, meine beiden Großväter fänden es gut, lebten sie heute noch.
Übrigens:Franzosen können sehr gut Deutsch sprechen. Sie sprechen es ebenso gut, wie Deutsche Französisch sprechen. Allerdings ist in beiden Ländern der Wille und die Notwendigkeit, die jeweils andere Sprache zu lernen, nicht bei allen Menschen vorhanden.