Aus der Chronik des Dorfes Wollmerath | Johann Steil

Johann Steil

Unter meinen Vorfahren gab es viele Lehrer. Mein Großonkel Johann Steil, der Bruder meines Großvaters, war auch Lehrer. Volksschullehrer. Zuletzt war er als (zunächst angehender Lehrer – heute würde man Referendar sagen) in Wollmerath eingesetzt. Die Dorfchronik berichtet über ihn. Unter 1911 führt die Chronik des Dorfes Wollmerath wie folgt aus:

„Schulangelegenheiten

Am 28. März dieses Jahres verließ der Lehrer Faber die hiesige Schulstelle, um sich zu einer militärischen Übung beim Reserve Infanterie Rgt. in Elsenborn (Anmerkung PS: heute Belgien) zu stellen. Nach Beendigung der Übung wird er eine Schulstelle im Kreise Bitburg übernehmen. Vom 28. März his 2. April wurde hiesige Schule durch Herrn Pastor Arenz von Gillenbeuren vertreten. An Stelle des versetzten Herrn Lehrers Faber trat mit dem 1. April der Lehrer Johann Steil aus Püttlingen, Kreis Saarbrücken. Derselbe wurde ausgebildet im königlichen Lehrerseminar zu Boppard a. Rh. 1906-09. Vom Herbst 1909 his April 1910 war er mit der Verwaltung der Schule in Mannebach (Kr. Adenau) betraut. Am 1. April trat er zum Militär ein und genügte seiner Militärpflicht beim 8. Rh. lnf. Reg. Nr. 70 in Saarbrücken. Lehrer Steil übernimmt den Unterricht am 3. April morgens 8 Uhr. Am 10. April hielt der Ortsschulinspektor Herr Pastor Pfeiffer die Entlassungsprüfung ab. Die Entlassung erfolgte am 12. April. Zur Entlassung kamen 2 Knaben und 2 Mädchen. Der Schüler Josef Wagner ist aufgrund häuslicher Verhältnisse vorzeitig entlassen worden. Am 25. April wurden 5 Kinder in die Schule neu aufgenommen. Die Schülerzahl blieb dieselbe (64), davon 40 Mädchen und 24 Knaben. Mit dem 1. Juni 1911 ist der hiesige Schulamtskandidat J. Steil von der kgl. Regierung einstweilig als Lehrer an der hiesigen Schule ernannt worden. Seine Einführung und Vereidigung erfolgten am 27. Juni durch den Ortsschulinspektor Herrn Pfarrer Pfeiffer, der ihm auch die Anstellungsurkunde aushändigte. Wegen der großen Hitze in diesem Sommer war nachmittags fast täglich der Unterricht ausgesetzt. (32-35 Grad). Von der kgl. Regierung wurde sogar verfügt, daß im Bedürfnisfalle der Unterricht ganz ausgesetzt werden könnte. In den Herbstferien wurde das untere Stockwerk der hiesigen Lehrerwohnung trocken gelegt. Bis jetzt ist jedoch von einem Erfolg nichts zu merken.“

Unter 1913 findet man folgenden Eintrag:

„Am 11. September fand die zweite Prüfung des Lehrers Steil statt. Selbige begann nachmittags um 2 Uhr und endete um 5 Uhr. Die Prüfungskommission bestand aus folgenden Herren: Vorsitzender: Herr Regierungsrat Dr. Keuter aus Coblenz, Herr Kreisschulinspektor Wolff aus Cochem und Herr Seminardirektor Hecking aus Boppard. Außerdem wohnte Herr Ortsschulinspektor Stein (Pfarrer) der praktischen Prüfung bei. Die praktische Prüfung erstreckte sich auf 3 Lehrproben in Singen (alle Kinder), Rechnen (2. Jahrg.), Naturkunde (M. u. 0.). Die Lehrproben dauerten je eine halbe Stunde. Nach den Lehrproben wurde der allgemeine Stand der Klasse geprüft (Sprachlehre, Geschichte, Rechnen, Sprachfertigkeit des 2. Jhrg.). Darauf wurden die Kinder entlassen und der wissenschaftl. Teil der Prüfung begann. Der Lehrer hat die Prüfung bestanden.“

Aus 1914 wurde berichtet:

„Schulangelegenheiten

Zu Ostern dieses Jahres wurden 6 Kinder aus der Schule entlassen. Neu aufgenommen wurden 11, sodaß die Schülerzahl jetzt auf 75 Kinder steht. Vom 27. April bis 25. Mai d. J. war der Lehrer Steil zu einer 28-tägigen Übung beim Inf. Rgt. 161 in Trier bzw. Friedrichsfeld einberufen. Mit der Vertretung für diese Zeit war der Schulamtsbewerber J. Klöckner aus Leienkaul beauftragt.

Am 3. August mußte der Lehrer Steil, der Unteroffizier der Reserve war, ins Feld rücken, gleichzeitig mit seinem Freund Richartz, Lehrer in Auderath. Letzterer wurde verwundet. Herr Steil aber fiel, von einer feindlichen Kugel in den Kopf getroffen, und war sofort tot. So hat er das, was er seine Schüler lehrte, nämlich, daß man bereit sein müsse, wenn das Vaterland in Gefahr sei, Gut und Blut für dasselbe hinzugeben, auch selbst getan und so das schönste Beispiel gegeben. Er hat es verstanden, in der Zeit seiner Wirksamkeit in Wollmerath sich die Liebe seiner Schüler zu erwerben. Große Trauer erfüllte alle, als sie hörten, ihr Lehrer sei den Heldentod im Kampf fürs Vaterland gestorben. Ehre seinem Andenken

Am 28. August starb auch Klöckner, der im Frühjahr Steil vertreten hatte, den Heldentod fürs Vaterland. Nachdem Richartz, Lehrer in Auderath, der mit seinem Freunde Steil in den Kampf zog, von seiner Verwundung, die er in der Schlacht an der Marne erlitten hatte, zum zweiten Male vor dem Feind stand, hat auch ihn das Geschick ereilt. Am 24. Januar 1915 hat er den Heldentod erlitten. Beide, die im Leben unzertrennlich waren, sind nun im Tode für immer wieder miteinander vereint.“

 

Hinweis: Johann Steil wurde am 03.08.1914 in den Krieg eingezogen. Drei Tage später, am 06.09.1916 war er tot.

Eine Folge des Todes von Johann Steil war, dass mein Großvater, Ludwig Steil, Lehrer wurde. Er setzte die Tradition des Lehrersein in meiner Familie fort. Mein Vater wurde Lehrer, meine beiden Schwestern und ich wurden Lehrer, mein ältester Sohn ist Lehrer, meine Nichten sind alle Lehrerinnen.

Ich bin meinen Vorfahren dankbar, dass sie diese Tradition begannen.

 

Über Peter Steil

Peter Steil, Fernwald.
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