Es gibt Personen, deren Leben ich lange Zeit mit großem Interesse verfolgt habe, die dann aber irgendwann aus meinem Blickfeld verschwunden sind, und plötzlich wieder auftauchen. Meist stelle ich verwundert fest, dass sie verstorben sind – z. T. schon vor langer Zeit. So etwas ist mir gerade wieder passiert. Ich musste in der Zeitung lesen, dass Inge Jens im Alter von 94 Jahren gestorben ist. Sie war eine bemerkenswerte Publizistin und Literaturwissenschaftlerin, die lange im Schatten ihres Mannes, den Schriftstellers und Rhetorik-Professors Walter Jens stand. Er war das „Gewissen der Nation“, sie wurde in der Öffentlichkeit weniger beachtet, auch wenn sie herausragende Arbeit leistete. Auch ich war eher an Walter Jens orientiert, der 2013 in Demenz verstarb. Seine Meinungsäußerungen und Analysen waren mir wichtig. Um so mehr verärgerte mich, dass er seine Mitgliedschaft in der NSDAP verschwieg und sie erst mit dem Beginn seiner Demenzerkrankung aufgedeckt wurde.
Heute musste ich auch lesen, dass sich Tilman Jens, ein Sohn von Inge und Walter Jens, im letzten Jahr umgebracht hat. Die Hintergründe seiner Selbsttötung sind diffiziel, für mich aber nachvollziehbar.
Ich werde mich in den Weihnachtsferien mit dem Werk von Inge und Tilman Jens beschäftigen. So habe ich mir das Buch Tilman Jens: Demenz. Abschied von meinem Vater. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2009, ISBN 978-3-579-06998-2 und das Buch Inge Jens: Unvollständige Erinnerungen. Rowohlt, Reinbek 2009, ISBN 978-3-498-03233-3 gekauft.